Traumstoffrock

Rocktutorial

Vom Stoff zum Schnitt und bis zum nähen!

Hier kommt ein Tutorial für einen ganz besonderen Rock. Ich habe vom Stoff bis zum Schnitt alles selbst entworfen, und nach dieser Anleitung könnt ihr das auch tun.

Auf der Suche nach dem perfekten Stoff kam mir die Idee: Wieso nicht mal selbst einen entwerfen? Gesagt getan. Ich habe also stundenlang am Laptop gesessen und mir meinen Stofftraum entworfen. Als Programm habe ich Adobe Illustrator verwendet. Das arbeitet mit Vektoren. Da hat man die perfekten Linien, egal wie sehr man das Muster vergrößert (im Gegensatz zu einem Foto, dass beim vergrößern immer pixeliger wird). Das Programm verwende ich im übrigen auch für meine Schnitte. Deshalb war es naheliegend auch damit zu arbeiten.
Dann habe ich das Design bei der Stoffschmiede (Werbung, der Stoff wurde mir zur Verfügung gestellt) hochgeladen. Die haben auf ihrer Seite ein geniales Tool, den Stoffdesigner, da kann man mit einer einfachen Grafik die tollsten Stoffe entwerfen. Aber Achtung, das macht echt süchtig damit zu spielen.

Nein, das ist nicht mein Design, das ist eine Screenshot vom herumprobieren. Bei der “Design-Anordnung” würde ich mir noch folgende Anordnungsmöglichkeit wünschen:

Also eine Drehung im Rapport. Diese Anordnung habe ich auch verwendet, allerdings selbst mit meinem Grafikprogramm erstellt. Zuerst war ich sehr enttäuscht, weil das Muster in der Vorschau zu klein war. Bis ich darauf gekommen bin, dass ich die Grafik mit 72dpi gespeichert hatte hat es ein bisschen gedauert. Jetzt weiß ich, dass mindestens 250dpi nötig sind.
Danach kam das Schwierigste: Das Warten auf den Stoff. Ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch.
Endlich nach ca. drei Wochen war das Päckchen endlich im Briefkasten:

Ich habe den Viskose-Elasthan Jersey genommen, weil ich etwas sehr fließendes, kühles haben wollte.

Und so schaut er aus.

 

 

 

Ich bin ganz begeistert, wie klar das Druckbild ist.

Mein Design war schon sehr filigran, aber das kommt echt gut rüber.

 

 

Ein toller Stoff braucht einen schlichten Schnitt um wirklich zur Geltung zu kommen. Hier zeige ich Euch einen schlichten Jerseyrockschnitt, der durch die leichte A-Linie der Figur schmeichelt und nicht aufträgt.
Und jetzt schnappt Euch ganz schnell ein großes Stück Papier und Stift und zeichnet Euch ein Schnittmuster. Ich verspreche Euch, es geht ganz einfach und dauert nicht lange. Einen fertigen Schnitt ausdrucken und zusammenkleben dauert nicht viel länger.
Da der Rock ja maßgeschneidert werden soll, müsst ihr Euch als allererstes selbst vermessen. Das macht ihr am besten nur mit Unterwäsche. Ihr braucht folgende Maße:
der obere Rockumfang (rote Linie). Überlegt Euch zuerst, wo der Rock sitzen soll. Ich mag gerne Röcke, die unter dem Bauchnabel anfangen, er darf aber auch gerne in der Taille sitzen. Am besten mit einem Band fixieren.
der Poumfang (grüne Linie). Hier müsst ihr Eure dickste Stelle suchen.

der Abstand (lila Linie). Ihr braucht den genauen Abstand zwischen dem oberen Rockumfang und dem Poumfang.

die Rocklänge. Der Rock soll ein kurzer Rock werden. Wie kurz oder lang bleibt Euch überlassen. Ich habe ihn kurz über den Knien enden lassen. Ihr müsst dafür vom oberen Rockumfang aus über die Hüfte die gewünschte Länge messen.

Dann braucht ihr ein großes, rechteckiges Stück Papier. Ich habe zwei Din A 2 Bögen aneinander geklebt.

Da das Vorderteil und das Rückenteil das gleiche Schnittmuster haben werden reicht Euch ein Bogen Papier. Das Schnittmuster wird jetzt im Stoffbruch aufgezeichnet.
Jetzt fangt ihr an der oberen rechten Ecke an. Zuerst müsst ihr die obere Rockweite durch 4 teilen. Dann multiplitziert ihr den erhaltenen Wert mit 0,9.
Also:

obere Rockweite : 4 x 0,9

Den erhaltenen Wert tragt ihr an der oberen Kante ab.

Als nächstes wird der Abstand zwischen oberer Rockweite und Poumfang von der rechten oberen Ecke nach unten hin abgetragen (lila Linie). Hier müsst ihr nichts umrechnen.

Im rechten Winkel dazu wird nun der Poumfang abgetragen. Diesen müsst ihr wieder durch 4 dividieren und mit 0,95 multiplizieren. Also:

Poumfang : 4 x 0,95

Das ergibt einen eher schmal geschnittenen Rock. Wer einen weiteren Rock haben möchte rechnet nur Poumfang : 4. Im Bild seht ihr bei mir zwei Markierungen. Die eine ist mit Faktor 0,95, die andere ohne.

Als nächstes wird eine Linie von der oberen roten Markierung durch die untere grüne Markierung gezogen, die genau so lang ist wie der Rock später werden soll (blaue Linie).

Dann wird an der rechten oberen Ecke eine Markierung 2 cm nach unten gemacht. Bei größeren Größen (ab Größe 40) sollte man 2,5-3 cm nehmen.

Dann zieht man mit dem Lineal eine Linie zur oberen Rockweite.

Diese sollte man etwas rund ausformen. Dabei aufpassen dass der Winkel vorne an der Ecke zum Blattrand etwa 90° beträgt. Sonst gibt es dort beim Ausschneiden im Stoffbruch einen komischen Knick.

Jetzt müsst ihr an der vorderen Kante die Rocklänge (blaue Linie) abtragen. Mit dem Messen aber erst bei der zuvor gezeichneten Rundung anfangen und nicht oben an der oberen rechten Ecke.

Jetzt zur anderen blauen Linie mit dem Lineal eine Verbindungslinie zeichnen.

Und diese Linie wieder rund ausformen. Dabei wieder aufpassen, dass zum Blattrand ein 90° Winkel entsteht.

Diesen fertigen Schnitt jetzt ausschneiden.

Umdrehen und an der oberen Kante (obere Rockweite) mehrmals 9 cm abtragen.

 

Daraus eine Linie zeichnen, die parallel zur oberen Rockweite geht.

An dieser Stelle wird jetzt das Schnittmuster geteilt.

Zeichnet Euch an der linken Seite des Schnittmusters jeweils beim Bund (kleines Teil oben) und beim Rockteil den Stoffbruch/Fadenlauf ein.

Fertig ist Euer Rockschnittmuster.
Ganz wichtig, der Schnitt ist nur für Jersey geeignet!!!!!
Solltet ihr Teile des Tutorials nicht verstanden haben, meldet Euch bitte. Ansonsten: Durch das anklicken der Bilder werden sie größer, ich habe versucht alles ganz deutlich zu beschriften.

Nachdem ihr Euch hier Euren Schnitt selbst angefertigt habt geht es gleich weiter mit dem Zuschneiden und nähen. Es empfiehlt sich einen Proberock zu nähen (vor allem, wenn der Stoff nicht mal eben noch einmal verfügbar ist, so wie bei mir), ich habe es jedenfalls getan. Ganz wichtig ist, dass der Probestoff ähnlich dehnbar ist wie der richtige. Sonst verfälscht sich das Ergebnis.
Das Schlimmste für mich war, diesen Stoff auch wirklich anzuschneiden. Normalerweise kenn’ ich da nix. Ich habe schon viele teure Stoffe zerschnitten (Hochzeitskleider genäht, Tragetücher zerschnitten), aber diesmal war es irgendwie anders. Ihr braucht:

  • Das Rockteil 2x im Stoffbruch mit Nahtzugabe
  • Den Bund 4x im Stoffbruch mit Nahtzugabe
  • 1x Gummiband 1-1,5cm breit und so lang wie der obere Rockumfang + 2 cm Nahtzugabe

Die beiden Rockteile rechts auf rechts aufeinander legen, stecken…

…und die Seitennähte schließen.

Ebenso beim Bund jeweils zwei Teile rechts auf rechts aufeinander legen, stecken und die Seiten zu einem Ring schließen.

Einen Bund auf rechts drehen, den anderen auf links gedreht lassen

Die beiden Bünde  ineinander schieben, so dass die rechten Stoffseiten aufeinander liegen

Die Oberkante (kürzere Strecke) aufeinander stecken. Dabei aufpassen, dass die Nähte genau aufeinander treffen.

Die Oberkante mit einem dehnbaren Stich nähen.

Das Gummiband zu einem Kreis schließen. Ich mache es etwa so lang wie der obere Rockumfang + 2 cm Nahtzugabe.

Dabei die Enden flach aufeinander legen. Aufpassen, dass es nicht verdreht ist.

Ich nähe mehrmals darüber. Dabei habe ich festgestellt, dass der Wabenstich sich sehr gut dazu eignet. Er ist bielastisch und etwas breiter und gibt somit guten Halt.

Jetzt wird das Gummi auf den oberen Rockumfang gesteckt. Dafür am Gummi die Seiten markieren

Die markierten Seiten kommen auf die Seitennähte des Bundes. Dabei nicht auf den Bund selber, sondern nur auf die Nahtzugabe stecken.

So schaut es von der einen Seite aus…

…und so von der anderen.

Ich stecke die Stelle, an der ich das Gummi geschlossen habe auf den Teil, der später hinten sein soll.

Jetzt wird mit einem Zickzackstich das Gummiband auf der Nahtzugabe festgenäht. Aufpassen, dass es nicht über die Nahtzugabe hinaus in den Bund rutscht.

Den Bund wenden. Ihr habt jetzt zwei rechte Stoffseiten und könnt euch die Schönere für außen wählen.

Den Bund mit dem Gummiband nach unten in den Rock stecken.

Den Bund und das Rockteil ineinander stecken (die Nähte müssen aufeinander liegen) und mit einem elastischen Stich zusammen nähen.

Den Rock wenden und anprobieren. Jetzt kann man die Saumlänge noch einmal korrigieren. Schauen, ob der Rock gleich lang ist, oder evtl. haltungsbedingt vorne oder hinten gekürzt werden muss.

Den Saum ca. 1cm umschlagen und mit einem elastischen (Zier)-Stich fixieren. Wenn der Saum beim absteppen sich wellt einen Obertransportfuß verwenden oder den Füßchendruck verringern.

Ich habe bei meinem Proberock einen Wabenstich genommen.

Der Proberock ist fertig!

Man kann auch stattdessen auch einen Rollsaum machen.

Fertig!

Hier noch einmal meine beiden Röcke. Beim Proberock habe ich den Bund in einem anderen Stoff ausgeschnitten das gefällt mir persönlich auch sehr gut. Ich hatte nämlich von dem geblümten Stoff nur 50 cm. Die haben gerade so gereicht.